PREISVERLEIHUNG DER MAX GRÜNEBAUM-STIFTUNG 2024

Die Preisträger*innen der Max-Grünebaum-Stiftung 2024 (Foto v.l.n.r.): Adrian Körnig (Ernst-Frank-Förderpreisträger 2024) Dr. Charlotte Gerling (Max-Grünebaum-Preisträgerin 2024) Rahel Brede (Max-Grünebaum-Preisträgerin 2024) Julia Daniczek (Karl-Newman-Förderpreisträgerin 2024) (Foto: © Bernd Schönberger)

Preisträger 2024

Die Geschichte der Max Grünebaum-Stiftung ist ein beeindruckendes Zeugnis der Versöhnung, die damit verbundene alljährliche feierliche Verleihung der Max-Grünebaum-Preise ein emotionaler Höhepunkt im kulturellen und wissen­schaftlichen Leben der Stadt Cottbus. Im Jahr 2022 beging die Max Grünebaum-Stiftung ihr 25. Jubiläum.

Am Sonntag, 20. Oktober 2024, 10.00 Uhr, zeich­nete die Stiftung Künstler*innen des Staatstheater Cottbus und Wissen­schaftler*innen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) aus. Die Stiftung setzte damit einmal mehr ein Zeichen für Verstän­digung und Wertschätzung.

Die inzwischen traditionelle Preisverleihung fand auch in diesem Jahr wieder im Großen Haus des Staatstheaters statt. Künstlerische Beiträge von Preisträger*innen vergangener Jahre und Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters rahmten die festliche Veranstaltung.

Peter Gumbel, Urenkel von Max Grünebaum, bedankte sich im Namen der Stifterfamilie bei Angelika Jordan, frühere Leiterin des rbb Studio Cottbus und scheidende Vorsitzende des Kuratoriums der Max Grünebaum-Stiftung, für ihr Engagement und ihren leidenschaftlichen Einsatz. Zur neuen Vorsitzenden des Kuratoriums war in einer vorangegangenen Sitzung Prof. Dr. Gesine Grande, Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg, gewählt worden.

Die Preisträger*innen 2024

Während der Festveranstaltung vergab die Max Grünebaum-Stiftung jeweils einen Max-Grünebaum-Preis und einen Förderpreis an die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und an das Staatstheater Cottbus.

Der Max-Grünebaum-Preis der BTU Cottbus-Senftenberg ging in diesem Jahr an Dr. Charlotte Gerling. Der diesjährige Ernst-Frank-Förderpreis wurde an Adrian Körnig verliehen.

Max-Grünebaum-Preisträgerin 2024 des Staatstheater Cottbus ist die
Mezzosopranistin Rahel Brede. Den Karl-Newman-Förderpreis 2024 erhielt die Regieassistentin Julia Daniczek.

Der Max-Grünebaum-Preis ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert, der Förderpreis mit 3.500 Euro. Der Förderpreis für die BTU finanziert ein Auslandssemester, der Förderpreis für das Staatstheater eine Theaterreise nach London.


Rahel Brede

Max-Grünebaum-Preis 2024

STAATSTHEATER COTTBUS (Spielzeit 24.25)
Mezzosopranistin Rahel Brede
Foto: (c) Marlies Kross

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Rahel,

Du wolltest nie Opernsängerin werden.

Zu diesem glanzvollen Misserfolg gratuliere ich Dir von ganzem Herzen. Ich bin sehr froh, dass Dir nicht gelungen ist, diesen Willen Wirklichkeit werden zu lassen.

Natürlich, es ist sehr verständlich und gut nachzuvollziehen, dass etwas, das Kindheit und Jugend prägt, das Elternhaus erfüllt und die meiste Zeit neben der Schule, möglicherweise nicht das sein soll, was später, wenn man endlich erwachsen ist, auch den Lebensinhalt prägen soll. Zumal es so schwierig ist, davon auch leben zu können.

Dabei hatten Dich die Bühne und der Gesang längst gepackt. All Deine Versuche, davon loszukommen, waren offensichtlich von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Anders ist kaum zu erklären, wie Du einer intensiven Lektion über die Arbeitsbedingungen in den darstellenden Künsten: Arbeitszeiten, Unsicherheiten, Druck, Wettbewerb, Konkurrenz, Einsamkeit, schlechte Bezahlung, die Deine Gesangslehrerin Dir in Deiner Jugend gehalten hat, widerstehen konntest. Denn danach, so hast Du es beschrieben, stellte Dir Heike Wittlich, während sie Dir tief in die Augen sah und in der, so stelle ich es mir vor: großen Überzeugung, die Antwort zu kennen, die Frage: „Und? Willst Du immer noch Opernsängerin werden?“ – und Du antwortetest einfach: „Ja.“

Hier sind wir.

Du bist mittlerweile in Deinem sechsten Jahr im Festengagement in Cottbus und hast wichtige Rollen und Partien nicht bloß bewältigt, sondern eigentlich überwältigt. Von Produktion zu Produktion wuchs Deine Gewissheit, Deine eigene Überzeugung von Dir, Dein künstlerisches Bewusstsein und Dein Vertrauen in Dein künstlerisches Können. Es war von Premiere zu Premiere eine größer werdende Freude, Dir dabei zuzusehen, wie Deine ausdrucksstarke und zugleich klare, poetische Stimme zu immer größerer Harmonie mit Deinem Verständnis der Rolle fand. Zu Deiner Stimme gesellte sich von Mal zu Mal ein überzeugenderes und überzeugteres Spiel.
Von der Mercédès in »Carmen, der Emilia in »Otello« und den vier Rollen im »Orfeo« war es nur noch ein kleiner Schritt zu Deinem energiegeladenen und glockenklingenden Cherubino in der „Hochzeit des Figaro“.

Das mit dem Spiel ist ja so eine Sache im Musiktheater. Natürlich steht das Stimmfach zunächst einmal im Vordergrund, die gesangliche und über die Stimme zum Ausdruck kommende Kunst des Gesangs. Auch darin liegt der Charakter der Figur und die Anlage, ihr eine eigene Interpretation zu geben, ein eigenes Verständnis des Gesungenen zu entwickeln.
Was aber einen Unterschied macht, ist, inwieweit es gelingt, diesen Gesang mit dem Körper im Spiel zu vereinbaren. Die Partien sind Rollen. Die Figuren müssen sich bewegen, damit sie in vier Dimensionen zum Ausdruck kommen: in der Dimension des Gesangs und in den drei Dimensionen des Raums.

Auch deshalb ist Ensembletheater eine so großartige kulturelle Einrichtung, die alle Länder, in denen es keine Ensembletheater gibt, als deutsche Eigenart bewundern. Weil hier die Individualität der Rolle wirklich zum Ausdruck kommen kann, Persönlichkeiten und Talent sich behutsam ausprobieren und entfalten können.
Wie sehr Du darin aufgehst, Dir Rollen, Charaktere, Deine Bühnenpersönlichkeiten zu erarbeiten und zu erfinden, zeigst Du in jeder Vorstellung. Selbst Deinen Vater, der, als Berufsmusiker mit entsprechender Skepsis gegenüber Deiner Berufswahl ausgestattet, hast Du inzwischen davon überzeugen können, dass Du die richtige Wahl getroffen hast. Er hat nach Deinem Octavian im „Rosenkavalier“ offenbar keine Zweifel mehr daran gehabt – und ich glaube, das wundert niemanden, der Dich als Octavian gesehen und gehört hat. Hosenrollen, sagst Du, seien Dein Lieblingsfach. Das konnten wir sehen. Und wir freuen uns schon sehr auf Deinen Fuchs im „Schlauen Füchslein“!

Mit Deinen Rollen ging es in der Oper stetig weiter, entwickeltest Du immer mehr, was in den Partien steckte. Aber nicht bloß im Musiktheater, auch im Konzert. Und an dieser Stelle ist erwähnenswert, was nicht nur ungewöhnlich ist, sondern Dich neben Deiner Künstlerpersönlichkeit zusätzlich charakterisiert: Dein Interesse am Theater auch als Institution. Dein Engagement im Ensemble und als eine von zwei Sprechern auch für das ganze Haus zeugt davon, dass Du das Theater, die Oper, als Gattung, aber auch als eine Einrichtung wahrnimmst, die Dir wichtig ist und an deren Gestaltung Du Anteil nehmen und an der Du Dich beteiligen willst.
Das zeigt, wie sehr Du Dich und Deinen Beruf, Deine Rollen und die Rolle, die sie in einem erweiterten Kontext spielt, hinterfragst, befragst, aus einer weiteren als der persönlichen und künstlerischen Perspektive siehst. Dass Du sie dahingehend prüfst und probierst, was sie innerhalb eines größeren Ganzen für eine Bedeutung haben.
Auch das ist ein Aspekt des Gemeinschaftlichen des Theaters, der so wichtig ist und einen Unterschied macht.

Wir alle sind sehr glücklich, liebe Rahel, dass Du bei uns im Ensemble bist.
Und ich gratuliere Dir von Herzen zum Max-Grünebaum-Preis 2024.

Laudatio von Stephan Märki, Intendant und Operndirektor

 

 


Julia Daniczek

Karl-Newman-Förderpreis 2024

STAATSTHEATER COTTBUS (Spielzeit 24.25)
Julia Daniczek (Regieassistentin)
Foto (c) Bernd Schönberger

Julia Daniczek, die heutige Preisträgerin des Karl-Newman-Förderpreises ist Regieassistentin in der Sparte Schauspiel. Das ist ein Beruf, von dem viele gar nicht wissen, was er beinhaltet, daher gebe ich mal einen kleinen Einblick:

Vor Probenbeginn: Erstellen einer Dispo für die gesamte Produktion, unter Berücksichtigung von Vorstellungen, Maskenzeiten, Wiederaufnahmen, Durchsprechen, freien Tagen. Privatterminen, Anproben, Ruhezeiten, Vollversammlungen, Ensembleversammlungen etc. – Das fällt machen von uns schon schwer, wenn wir das nur für uns selbst hinbekommen müssen – Erstellen eines Szenarios -In Julias letzter Arbeit umfasste die Textgrundlage zu Probenbeginn mehr als 100 Seiten, das Erstellen eines Szenarios für so ein Werk ist eine Arbeit von mehreren Tagen – Erstellen einer Kontaktliste – Klingt einfach, erschweren wir ihr aber, in dem wir Besetzungszettel zu spät oder unvollständig abgeben, nicht auf Mails antworten und alle verschiedene Messenger benutzen möchten, oder mehrere verschiedene Sprachen sprechen. Dabei ist sie oft einer der ersten Kontakte, die Gäste ins Haus bzw. mit dem Haus haben und quasi eins unser Aushängeschilder. – Kopieren und Bereitstellen von Textfassungen, egal ob 15 oder 100 Seiten, Extrawünsche der Pappenheimer: doppelseitig, oder eben nicht doppelseitig, großgeschrieben, gelocht, niemals gelocht etc. Einrichtung der Probenbühnen mit allen Gewerken und den ständig wechselnden Regieteams

Während der Proben: Erstellen eines Probenplanes – Wann sinnvoll, welche Szenen, wie sieht Bühne aus, welche Requisiten, Kostüme, Musik braucht es, welches Ensemblemitglied soll zu wann welchen Text lernen, Betreuung von Statisterie und Hospitanzen – 80 bei Krabat oder 2 dafür pubertäre schüchterne oder wissbegierige Schülerpraktikant*innen. Checken der Anwesenheit, ob alle da sind, manchmal auch heimlich und an der Regie vorbei zu spät kommende Kolleg*innen schützen, oder anrufen und an Termine erinnern, Regiebuch führen, Bewegungen, Betonungen, szenische Ideen, Toneinsätze, Lichtwechsel, auf und Abtritte notieren – Julias kleine Zeichnungen und Skizzen sind legendär und eine Ausstellung wert.

Cockpit Regietisch – zusammen mit Inspizienz, alle Gewerke müssen wissen was zu tun ist, alle alles wissen lassen, Begleiten und Leiten von Beleuchtungsproben, Notieren der Kritik der Regie – Je nach Regie mal angenehmer, mal ganz schöner Puffer, Besprechen, Erkämpfen und Durchziehen von Proben- und Vorstellungsvorlauf, Soundchecks und Maskenzeiten (manchmal so knapp geplant, dass jede Minute Gold wert ist), Applausordnung

Während der Vorstellungen:
Qualitätssicherung, Kritik, Vorstellungsbericht, Organisation von Durchsprechen, Umbesetzungen, Warm-Ups, Wiederaufnahme und Co, manchmal noch Übertitelung oder sogar selbst Einsatz auf der Bühne

Zitate aus Assistierenden Netzwerk:
„Als Regieassistent*innen sind wir Dreh- und Angelpunkt einer Produktion. Über uns läuft die
Kommunikation zwischen den verschiedenen Gewerken, der Leitung, den Schauspieler*innen
und des Regie Teams. Dazu kommt die Koordination aller Informationen und Planung der
Arbeitsabläufe. Als Überbringer*innen von „schlechten Nachrichten“ geraten wir häufig zwischen
die Fronten und dienen leider viel zu oft als Katalysator für angespannte und frustrierte
Kolleg*innen. Eine gute Assistenz kann vieles ausgleichen und sieht Probleme kommen, bevor sie entstehen.”

Im Jahr 2021 haben wir diese Stelle nun also ausgeschrieben und warteten auf die Bewerbungen. Unter den Bewerbungen war eine, die begann mit den Worten: „Ich habe dieses Jahr mein Studium in Production Technology und Managment am Royal Conservative Scotland in Glasgow abgeschlossen.“ (Keiner von uns wusste, dass man diesen Job studieren kann!) „Ich konnte feststellen, dass das Theater mit den täglich neuen Herausforderungen und den unregelmäßigen Arbeitszeiten der Ort ist, an dem ich mich wohlfühle.“

Vor etwa 3 Jahren kam Julia Daniczek also von Glasgow nach Cottbus.
Im Moment arbeitet sie bei uns an ihrer 17. Produktion, neulich hatte ich das Glück, mit ihr zum Mittag zu essen und dabei erzählte sie mir, ihr Problem sei, sie könne nichts halb machen. Immer würde sie gern alles wissen und richtig und zu 100 Prozent machen. Davon zehren wir als Theater enorm.
Dieser Job ist nicht nur einer der am schlechtesten bezahlten, sondern auch einer der unsichtbarsten Jobs. Je besser man diesen Job macht, desto weniger Aufmerksamkeit bekommt man. Für fast alle Teams, die bisher bei uns gearbeitet haben, gilt die Unsichtbarkeit der guten Regieassistentin nicht. Ob fest angestellte Ensemblemitglieder, oder Gäste, ob regieführende Personen, Kostümbildner, oder Bühnenbildnerinnen, Musiker*innen, oder andere Assistentinnen, ob Gewerke oder Leitung, immer wieder wird Julias wirklich perfekte, nahezu fehlerfreie Arbeit lobend erwähnt.

Die Sparte Schauspiel besteht nur aus einem sehr kleinen Kernteam – mit Leitung, Ensemble Assistierenden, Soufflage und Inspizienz kommen wir auf weniger als 25 Leute. Schon allein die Arbeitszeiten zwingen uns dazu, wie eine kleine Familie zu werden, inkl. aller ungeliebten Onkel und fernen Cousinen. Julia gehört in die Kategorie: Lieblingsschwester, die immer alles auf dem Schirm hat, an alle Geburtstage erinnert und zwischen dem ungeliebten Onkel und der meckernden Oma vermitteln kann.
Julias Aufgabe in dieser Familie ist nicht nur eine organisatorische, ihre kompetente, empathische und respektvolle Art der Kommunikation weitet sich mehr und mehr auch auf Themen des erstrebenswerten Miteinanders aus. So hat sie Regisseur*innen schon die bedenkenswerten Punkte von kultureller Aneignung dargelegt, unsere konservativen Weltbilder erweitert, ist Expertin für Genderdebatten geworden, politisch aktiv und interessiert.
Vor einem Jahr hat sei zusätzlich ein Fernstudium begonnen, seitdem sitzt Julia gern mit dem Lernstoff für soziale Arbeit in ihren raren Pausen im Schillerpark oder in der Kantine. Seitdem erklärt sie eben auch mal nebenbei die Ausprägungen einer physiologischen Schizophrenie und die Auswirkungen eines Traumas auf die kindliche Psyche, oder widerlegt mal eben Freud.
Außerdem gibt es noch eine geheime Leidenschaft von ihr. Sie spielt leidenschaftlich gern Rollenspiele und leitet diese auch an. Einige der Kolleginnen hier aus dem Theater haben eine Gruppe, deren Dungeon Master sie ist, das heißt, wie ich mir neulich sagen ließ. Ich zitiere: „Sie spielt alle Charaktere, die wir nicht sind, egal ob Bauer, Ratte, Drachen oder holde Maid, dabei nutzt sie verschiedene Dialekte, Instrumente, entwickelt Charaktere und denkt sich die Namen aus. Das komplette Konzept für unser Spiel kommt von ihr und wo wir welche Abenteuer, mit welchen Wesen erleben, ist ihrer Phantasie überlassen.“

Ihre Charakterkarten würden ihr übermäßige Punktzahl geben bei: Stärke, Überzeugung, Aufmerksamkeit, Awareness, Willensstärke:
Ihre Magic Items sind: Regiebuch, Klarer wacher Geist, Neugier und Lust auf andere Menschen.
Ich glaube, ihre tolle Familie ist ein Teil ihrer Superkraft. Danke, dass wir an deiner Superkraft teilhaben dürfen! Hoffentlich noch lange und ausgiebig. Ich wünsche dir ein glückliches, spannendes, motivierendes Leben, mit Menschen, die sie genauso offenherzig und neugierig sind, wie du.

Laudatio von Franziska Benack
Co-Schauspieldirektorin und geschäftsführende Dramaturgin Schauspiel


Dr. Charlotte Gerling

Max-Grünebaum-Preis 2024

Foto: Dr. Charlotte Gerling

Für den diesjährigen Preis wurde Frau Dr. Charlotte Gerling vorgeschlagen und es ist mir eine Ehre und Freude, Ihnen die Preisträgerin und Ihre Doktorarbeit kurz vorzustellen. Und diesmal bewegen wir uns in einem sehr aktuellen Thema, ein Gebiet zwischen Umweltwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften, eng mit der Klimawende und dem notwendigen Artenschutz verbunden.

Frau Gerling hat von 2011 bis 2013 einen Bachelor im Studiengang „Environmental Studies and Development Studies“ an der Viktoria University of Wellington in Neuseeland abgeschlossen und anschließend ihren Master in einem Studiengang unserer Universität, „Environmental and Ressource Management“, abgeschlossen, beide mit Bestnoten und beide in Regelstudienzeit. Schon das alleine sollte hellhörig machen. Danach hat sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in verschiedenen Forschungsprojekten bei Herrn Prof. Wetzhold im Fachgebiet Umweltökonomie an der BTU gearbeitet.

Der Titel der Doktorarbeit, die sie in Englisch verfasst hat, heißt „Ökonomie der Klimaanpassung zum Schutz der Biologische Vielfalt“. Ein aktueller Bericht zur Ökonomie der Biodiversität geht davon aus, dass der Klimawandel ab dem Jahr 2070 die größte Bedrohung für die biologische Vielfalt sein wird und dass die bestehenden Aktivitäten zum Schutz dieser biologischen Vielfalt unzureichend sind, unzureichend, um dieser Bedrohung zu begegnen. Die Politik ist also dringend gefordert zu handeln, mehr zu handeln und dafür wiederum braucht es Empfehlungen und diese Empfehlungen sollten idealerweise, oder notwendigerweise, auch Kostenaspekte berücksichtigen.

Also Fragen, wie durch den Klimawandel gefährdete Arten bei begrenztem finanziellem Budget möglichst kosteneffizient geschützt werden können, mit welchen Ansätzen man zum Artenschutz mit möglichst wenig Kosten die größten Wirkungen erreichen kann. Diese Frage stehen im Mittelpunkt der Doktorarbeit von Frau Dr. Gerling. Ihre Arbeit basiert auf acht Publikationen, die sie in international renommierten Fachzeitschriften veröffentlichen konnte. Wir nennen das eine kumulative Promotion, weil man da nicht eine Arbeit neu schreibt, sondern über exzellente Veröffentlichungen seine Forschungsergebnisse bereits publiziert hat und die dann nur unter einem Dach zusammenträgt.

Frau Dr. Gerling analysiert in ihrer Arbeit die ökologischen Artenschutzpläne eben unter ökonomischen Gesichtspunkten und entwickelt dabei auch ein neuartiges Bewertungssystem zur Prüfung der Eignung von politischen Instrumenten unter den Bedingungen des Klimawandels. Anhand realer Fallbeispiele zeigt sie, dass diese Maßnahmen flexibel sein und zeitlich angepasst werden müssen, um trotz des begrenzten Budgets wirksam zu sein. Damit Sie vielleicht ein bisschen Einblick bekommen, seien zwei Fallbeispiele ganz kurz hier erwähnt. Das eine Fallbeispiel bezieht sich auf Schutzgebiete in Schleswig-Holstein. Frau Gerling konnte zeigen, dass durch den Klimawandel die ursprünglich festgelegten Schutzgebiete für Wiesen und Grünflächen gar nicht mehr so effizient sind, weil sich der Charakter der Wachstumszeiten durch den Klimawandel verändert hat, um zum Beispiel eine spezielle Art von Grashüpfern zu schützen. Das heißt der Klimawandel erfordert eigentlich eine Verschiebung solcher Schutzflächen, soll weiterhin ein wirksamer Grashüpferschutz erreicht werden.

Ein anderes Beispiel bezieht sich auf Artenschutzmaßnahmen von acht verschiedenen Vogelarten, die in oder auf solchen Wiesen und Weiden leben. In ihren Modellen hat sie geprüft, wie der Klimawandel sich auf die Vogelarten und ihre Ausbreitung, ihr Überleben, einerseits auswirkt und auf die Kosten zum Artenschutz andererseits. Und so kann zum Beispiel der Zeitpunkt der Wiesenmahd einen erheblichen Einfluss auf die Überlebenschancen der Vögel haben. Frau Dr. Gerling hat gezeigt, dass flexible Konzepte und Anpassungen im Flächenmanagement zu eben den gewünschten, nachhaltigen und langfristig auch kosteneffizienten Lösungen führen können. Umgesetzt werden kann das durch eine Anpassung von Politikinstrumenten im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft. Mit ihren ökonomischen Betrachtungen widmet sie sich einer Seite des Biodiversitätsschutzes, also des Schutzes der biologischen Vielfalt, die bisher weitgehend unerforscht ist.

Mit der Bewertung von Politikinstrumenten leistet sie Pionierarbeit. Ihre Doktorarbeit, die sie an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg an der Fakultät für Umwelt und Naturwissenschaften verfasst hat, wurde mit summa cum laude, das ist mit Auszeichnung, bewertet. Die besondere Leistung dieser Doktorarbeit würdigte auch das Roman-Herzog-Institut mit dem zweiten Roman-Herzog-Forschungspreis für soziale Marktwirtschaft, der Charlotte Gerling im Rahmen einer Festveranstaltung am 11. Juli diesen Jahres in München verliehen wurde. Und wenige Tage später erhielt sie dann auch den diesjährigen Preis für die beste Dissertation an der BTU und setzte sich dabei gegen drei exzellente Mitbewerber durch.

Frau Dr. Gerling ist zweifelsohne eine beeindruckende Nachwuchswissenschaftlerin mit einem ebensolchen internationalen Netzwerk. Sie war jüngst zu einem zweimonatigen Forschungsaufenthalt beim weltweit führendem Umweltökonomen in Glasgow, Prof. Nick Hanley. Finanziert hat sie das über ein selbsteingeworbenes Stipendium der Joachim-Herz-Stiftung. Sie plant eine gemeinsame Studie mit Kollegen in Portugal und kooperiert mit japanischen Wissenschaftlern vom „Okinawa Institute of Science and Technology“ und mit Umweltökonomen aus den USA, unter anderem mit Prof. Armsworth von der University of Tennessee. Mit ihm gemeinsam konnte sie Mittel einwerben für einen transatlantischen Workshop zu den Zukunftschancen der ökologisch-ökonomischen Modellierung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und zu diesem Workshop haben sich bereits führende Wissenschaftler in diesem Gebiet aus Europa und den USA angemeldet. Frau Dr. Gerling ist aber auch eine beeindruckende, engagierte Persönlichkeit. Sie war schon während ihres Bachelorstudiums als Studierendenvertreterin aktiv und hat sich als Vertreterin der wissenschaftlichen Beschäftigten unseres sogenannten „Mittelhaus“ an mehreren Berufungskommissionen beteiligt.

Ich bin überzeugt, dass Frau Gerling in besonderer Weise dem Stiftungsgedanken entspricht und freue mich, dass sie in diesem Jahr mit dem Max-Grünebaum-Preis ausgezeichnet wird. Meinen ganz herzlichen Glückwunsch Frau Dr. Gerling. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute auf den nächsten Schritten Ihrer wissenschaftlichen Karriere und ich bin sicher, Sie haben alle Chancen und Möglichkeiten, dass Sie dieser Doktorarbeit noch viele weitere Karriereschritte folgen lassen können. Ich freue mich, dass Sie vorerst mit Ihrer Forschungsarbeit, Ihrer exzellenten Lehre und Ihren internationalen Aktivitäten noch eine Weile an unserer Universität tätig sind. Vielen Dank.

Laudatio von Prof. Dr. p. h. habil. Gesine Grande, Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg

Adrian Körnig

Ernst-Frank-Förderpreis 2024

Foto (c) Luisa Böttler

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste, lieber Herr Körnig,

Alexander von Humboldt formulierte einmal: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.“

Der Ernst-Frank-Förderpreis unterstützt Studierende, die einen Arbeitsaufenthalt im Ausland planen. Ich halte dies für eine hervorragende Form der Förderung und möchte mich bei den Stifterinnen und Stiftern ausdrücklich dafür bedanken.
Wir an der Universität vermitteln theoretisches und praktisches Wissen, wir vermitteln Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Doch es gibt im Leben viel mehr zu entdecken und zu erleben, als es in einer Prüfungs- und Studienordnung festgehalten werden könnte.

Das Eintauchen in andere Kulturen, der selbst erlebte Perspektivwechsel, das eigene Erleben und Erfahren, das Hinterfragen scheinbarer Gewissheiten und das Entdecken von neuen Seiten in sich selbst, ist und bleibt eine einzigartige Form des Lernens und der Bildung, die im wahrsten Sinne des Wortes unersetzbar und unvergleichbar ist.
Ich selbst habe während meines Studiums 2 Jahre im Ausland verbracht. Ich habe dort studiert und gearbeitet. Die Regelstudienzeit war für mich damit natürlich unerreichbar. Trotzdem und gerade deshalb kann ich in meiner Rolle als Wissenschaftler und auch als Lehrender jedem Studierenden nur wärmstens ans Herz legen, sich in der Welt für längere Zeit umzusehen.
Es freut mich sehr, Ihnen heute mit Adrian Körnig einen jungen Mann vorstellen zu dürfen, der genau dies vorhat. Er möchte für ein Semester nach Australien gehen und sein Studium dort fortsetzen.

Adrian Körnig ist ein gleichermaßen leistungsstarker wie auch engagierter Student im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Seine Leistungen sind in sämtlichen Fächern überdurchschnittlich, in der Mathematik zählt er sogar zu den besten 5% des Jahrganges.
Der hervorragende fachliche Eindruck, den Herr Körnig bei den Kolleginnen und Kollegen hinterlassen hat, wird ergänzt durch sein Engagement in anderen Bereichen. So ist er beispielsweise in der studentischen Unternehmensberatung „Jalta Consultants“ tätig, die er aus einem Quasi-Dornröschen-Schlaf zu aktivem Leben wieder erweckt hat.
Adrian Körnig ist ein bodenständiger, jedoch auch neugieriger Mensch, der bereit ist, über den fachlichen Tellerrand hinauszublicken und sich auf Neues einzulassen. Dafür spricht, dass er nach seinem ersten Jahr an der BTU im Studiengang Bauingenieurwesen den Mut hatte, das Fach zu wechseln und sich voll und ganz dem Wirtschaftsingenieurwesen zu widmen.
Herr Körnig möchte ein Semester in Melbourne studieren. Seine Selbstständigkeit, seine intellektuelle Neugier und sein offener Blick für die Mitmenschen sprechen dafür, dass er sich auf Land und Leute einlassen sowie fachlich und persönlich weiterentwickeln wird.In einer Gesamtbetrachtung kann ich sagen, dass Herr Körnig der idealtypische Kandidat für diesen Preis ist.

Lieber Herr Körnig – Tun Sie uns bitte einen Gefallen – Bleiben Sie bloß weg: Möglichst weit und möglichst lange!
Ich gratuliere Ihnen zu dieser Auszeichnung und wünsche Ihnen alles Gute für die Zeit in Australien!
Herzlichen Glückwunsch!

Laudatio von Prof. Dr. rer. pol. habil. David Müller, Dekan der Fakultät Wirtschaft Recht und Gesellschaft