Dr. Clara Rellensmann, Ketevan Chuntishvili, Thi My Linh Nguyen, Annalena Hänsel

Max-Grünebaum-Preisträgerinnen 2022

Dr. Clara Rellensmann, Ketevan Chuntishvili, Thi My Linh Nguyen, Annalena Hänsel | Foto: Marlies Kross

Preisträger 2022

Im Jahr 2022 beging die Max Grünebaum-Stiftung ihr 25. Jubiläum.

Die Geschichte der Max Grünebaum-Stiftung ist ein beeindruckendes Zeugnis der Versöhnung, die damit verbundene alljährliche feierliche Verleihung der Max-Grünebaum-Preise ein emotionaler Höhepunkt im kulturellen und wissen­schaftlichen Leben der Stadt Cottbus.

Am Sonntag, 6. November 2022, 11.00 Uhr, zeich­nete die Stiftung Künstler*innen des Staatstheater Cottbus und Wissen­schaftler*innen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) aus. Die Stiftung setzte damit einmal mehr ein Zeichen für Verstän­digung und Wertschätzung.

Die inzwischen traditionelle Preisverleihung fand auch in diesem Jahr wieder im Großen Haus des Staatstheaters statt.

Vor der diesjährigen Veranstaltung äußerten sich die Mitglieder der Stiftungsfamilie: „Wir Familienmitglieder freuen uns sehr auf das Jubiläum. Es gibt viel zu feiern – besonders die Preisträger und das künstlerische und geistige Leben in Cottbus, das sie repräsentieren.”

Das künstlerische Rahmenpro­gramm wurde durch Preisträger*innen der Stiftung aus vergangenen Jahren gestaltet. Zudem präsentierte die BTU den für den festlichen Anlass entstandenen
20-minütigen Jubiläumsfilm „25 Jahre Max Grünebaum-Stiftung“ zum ersten Mal vor Publikum.


Ketevan Chuntishvili

Max-Grünebaum-Preis 2022

Ketevan Chuntishvili_| Foto (c) Marlies Kross | Ketevan Chuntishvili (Sopran), Sängerin am Staatstheater Cottbus

Foto (c) Marlies Kross | Ketevan Chuntishvili (Sopran), Sängerin am Staatstheater Cottbus.

Im Laufe meiner Zeit in und mit der Oper sind mir auffällig viele ausnehmend besondere, artikulationsreiche und zugleich genaue, kraftvolle und zugleich feine, warme und zugleich klare Stimmen georgischer Sängerinnen und Sänger begegnet – für ein Land mit nicht einmal vier Millionen Einwohnern mehr als außergewöhnlich.

Ich habe Ketevan Chuntishvili einmal gefragt, woher diese große Liebe und Leidenschaft und das große Talent der Georgier zur Musik, besonders zum Gesang, stammt. Sie antwortete, das Singen sei einfach selbstverständlicher Bestandteil des familiären Lebens in Georgien. In ihrer Familie sei viel gesungen worden, zu unterschiedlichsten Anlässen, vor allem ihre Mutter sei unheimlich musikalisch. – Fast dasselbe sagte mir der georgische Bariton Georgi Gagnidze, der innerhalb kürzester Zeit von Weimar aus die großen Opernbühnen von Mailand bis New York eroberte.

Von Ketevan Chuntishvilis außergewöhnlicher Gesangskunst konnten Sie sich gestern in L’Orfeo einen Eindruck verschaffen. Ihre Euridice kämpft um die Liebe und ihre Zerrissenheit mit ganzer Seele und Stimme – und ihrem Leben. Ketevans Euridice macht das große Sehnen nach Orpheus und nach ihrer eigenen Geltung in einer gesanglichen Schönheit deutlich, dass sie schmerzt.

In ihrer jüngsten Rolle als Musetta in Puccinis »La Bohème« hat die Kritik sie schon mit der jungen Callas verglichen.

Auch wenn die Callas Griechin war; die stimmliche Begabung von Ketevan ist offenbar kein Zufall:

Der Gesang hat in Georgien eine eigene, von der europäischen Entwicklung unabhängige Tradition, die georgische Musik eine eigenständige Geschichte, ein eigenes Noten- und Tonlagesystem. Auch deshalb steht die traditionelle georgische Musik auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes:

Sie ist polyphon.

Während sich in Zentraleuropa die Polyphonie erst im späten Mittelalter ausgebildet hat, wurde sie in Georgien schon mindestens dreihundert Jahre früher gesungen.

Warum ist das interessant?

Polyphoner Gesang meint allgemein ein gleichberechtigtes und zeitgleiches Nebeneinander verschiedener, vieler, Stimmen. Es gibt keine Stimme, die anleitet, keine Stimme, die mehr Recht oder mehr Geltung hat oder nach der sich die anderen Stimmen richten müssen. Musik und Gesang entstehen aus und bestehen in diesem gemeinsamen und gleichberechtigten Neben- und Miteinander, während die Einzelstimmen eigenständig bleiben.

Eine sehr politische Art und Weise, so zu singen.

Auch diese Facette können Sie in »La Bohème« erleben: In dieser Produktion singen – neben einer Südkoreanerin, einem Ungarn und vielen anderen Nationalitäten – eine Georgierin (Ketevan), eine Ukrainerin (Alina Tkachuk) und ein Russe (Alexey Sayapin). Dass hier klappt, was weltpolitisch unmöglich scheint – wir nehmen es als Anlass zu: Zuversicht.

Ketevan Chuntishvili scheint nicht nur stimmlich von der großen Musiktradition ihres Heimatlandes geprägt. Sie lebt und praktiziert, was die polyphone Musik beschreibt:

Dass die eigene Stimme so viel gilt wie die der anderen.

Dass sie nur im Gesamtklang wirken kann.

Ein Ensembletier ist sie, die sich der Sache, der Musik hingibt.

Sie hat aber auch alles dafür gegeben. Als 18-Jährige ist sie zum Gesangsstudium nach Deutschland gekommen; seit sie 13 Jahre alt war, hatte sie dieses Ziel verfolgt. An einer Musikhochschule nur hatte sie sich beworben, in Hannover, weil ihre Tante und ihr Onkel in der Nähe wohnten. Ihr Onkel bürgte für sie, damit sie überhaupt in Deutschland bleiben durfte. Nach der bestandenen Aufnahmeprüfung ging es aber erst los: Neben dem Studium Deutsch lernen und das Studium finanzieren: Vom Babysitten bis zum Kellnern war nichts zu gering, um singen zu können. 3000 km entfernt, fremdes Land, fremde Stadt, fremde Sprache, kein Geld. Aber Stimme. Und Wille.

Diese beiden Attribute stechen bei Dir, liebe Ketty, besonders hervor, und sie paaren sich mit Deiner Ausdrucksstärke, Deiner Sehnsucht, die Figur zu ergründen, die Du singst und spielst, und Deinem so ausgeprägten Team- und Ensemblegeist.

All dies macht Dich zu einer außergewöhnlichen Sopranistin und Künstlerpersönlichkeit!

Wie schön, dass Du Teil dieses Hauses bist.

Ich freue mich sehr, dass Du heute den Max-Grünebaum-Preis, zum Jubiläumstag 2022 erhältst.

Laudatio von Stephan Märki, Intendant und Operndirektor


Dr. Clara Rellensmann

Max-Grünebaum-Preisträgerin 2022

Clara Rellensmann_Foto (c) Marc Timo Berg

Clara Rellensmann_Foto (c) Marc Timo Berg

Clara Rellensmann wurde für den diesjährigen Max-Grünebaum Preis vorgeschlagen und es ist mir eine Ehre und Freude, die Preisträgerin, ihre Dissertation und ihr eindrucksvolles Engagement kurz vorzustellen.

Frau Rellensmann hat 2010 an unserer Universität ihr Masterstudium im internationalen Studiengang World Heritage Studies erfolgreich abgeschlossen. In den folgenden Jahren übernahm sie verschiedene Aufgaben in internationalen Einrichtungen und Organisationen. So zum Beispiel als Mercator Fellow im UNESCO Regionalbüro in Bangkok und im UNESCO Welterbezentrum in Paris. Als Projektkoordinatorin im UNESCO Regionalbüro für Asien und Pazifik hat sie sich das erste Mal beruflich mit Fragen des Kulturerbes in Myanmar beschäftigt. Zwischen 2012 und 2014 koordinierte Frau Rellensmann unter anderem die Kapazitäten für ein Projekt zum Schutz des Kulturerbes in Myanmar. Es folgten zwei Jahre in Rangun, wo sie unter anderem verantwortlich war für die Inventarisierung und Entwicklung von Denkmalpflegerichtlinien für Bagan sowie für die Ausbildung von Fachkräften in myanmarischen Denkmalbehörden. Bagan steht im Zentrum der Doktorarbeit von Frau Rellensmann, wir werden also darauf zurückkommen. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität Zürich ist Frau Rellensmann seit 2017 wieder an die BTU Cottbus-Senftenberg zurückgekehrt und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Denkmalpflege. Ehrenamtlich war Frau Rellensmann von 2017-2020 im Vorstand des International Council on Monuments and Sites, ein Gremium, was die Unesco bei Weltkulturerbe berät.

Anfang dieses Jahres konnte Frau Rellensmann an der BTU Cottbus-Senftenberg ihr Dissertationsprojekt mit der besten Benotung „summa cum laude“/mit Auszeichnung abschließen. Das Dissertationsprojekt hatte den Titel: „Appropriating Sacred Spaces: An Investigation of Bagan’s Transformed Landscape“ (Die Aneignung heiliger Räume: Eine Untersuchung von Bagans transformierter Landschaft). In ihrer Dissertation beschäftigt sich Clara Rellensmann eingehend mit der berühmten und seit 2019 als UNESCO-Welterbe eingetragenen Tempellandschaft von Bagan in Myanmar.

Es geht um vielschichtige Fragen: Bleibt ein Gebäude ein Kulturdenkmal, wenn es weitestgehend neu errichtet ist? Kann kulturelle Bedeutung und Authentizität nur in ihrer ursprünglichen Form bewahrt werden oder kann durch Weiterbauen und eine zeitgemäße Nutzung kulturelle Identität gewandelt, aber doch erhalten bleiben? Und eine zentrale Frage, so habe ich es verstanden, stand im Fokus der Arbeiten von Frau Rellensmann: Welcher Schaden entsteht für das Kulturerbe, wenn ein diktatorisches Regime historische Symbole nutzt, historische Stätten neu erschafft, um damit seine eigene Macht auch in einer geschichtlichen Referenz zu legitimieren und vor allem grandioser zu machen. So haben die Deutschen sich auf das Heilige Römische Reich bezogen und die Italiener auf das Römische Kaiserreich … und die Herrscher in Myanmar wollten sich Bagan zu eigen machen, mit seiner historischen und religiösen Bedeutung, mit Bezug auf das buddistische Bamar Königshaus, an ein geeintes, wenn auch multi-ethnisches Land früherer Zeit.

In der Würdigung ihrer Arbeit durch Prof. Leopold Schmidt heißt es:

„Frau Rellensmann präsentiert und analysiert die Tempellandschaft in Bagan allerdings weniger wegen ihrer künstlerischen, archäologischen oder historischen Qualitäten, sondern stellt sie als ein hochkomplexes und aussagekräftiges Beispiel für die Nutzung, Umnutzung und möglicherweise sogar den Missbrauch eines bedeutenden kulturellen Ortes für die vordergründigen politischen Zwecke eines autoritären Regimes vor. Das Militär, das Myanmar seit 1995 regierte (und auch inzwischen wieder die Kontrolle übernommen hat), initiierte ein umfangreiches Programm von Rekonstruktionen von Tempeln und Schreinen auf dem ausgedehnten historischen Gelände. Frau Rellensmann untersucht auch den bemerkenswerten Vorgang, dass diese (nicht selten auch fiktiven) Rekonstruktionen als Welterbe akzeptiert worden sind. Die UNESCO übersah, dass es dem Regime in erster Linie darum gegangen war, sich über die religiösen Konnotationen dieser Bauten Legitimität zu verschaffen. Mit ihrer klugen, differenzierten und stets auch diplomatischen Analyse des Ortes und seines vielschichtigen Kontextes hat Frau Rellensmann einen wichtigen Beitrag zu der aktuellen Diskussion darüber vorgelegt, worin eigentlich die Werte von Heritage, gar World Heritage bestehen und wie diese in unterschiedlichen Kulturkreisen der Welt gesehen werden.“

Clara Rellensmann hat sich nicht nur im akademischen Bereich mit großem Erfolg engagiert und mit Kolleg*innen aus der BTU, mit Partnern aus Myanmar und lokalen Akteuren aus Bagan Summer Schools für myanmarische Studierende organisiert, geleitet und dafür Gelder des Deutschen Akademischen Austauschdienstes eingeworben. Studio Bagan ist ein interdisziplinäres „Preservation Studio“, das den angewandten Wissenstransfer in den Bereichen Denkmalpflege, Stadt- und Regionalplanung sowie Entwerfen in historischen Kontexten fördert und dabei auch zum nachhaltigen Schutz von Myanmars bekanntester Kulturerbestätte beizutragen.

Sie hat nach dem Putsch des Militärs auch in vielfältiger Weise den myanmarischen Akademiker*innen geholfen, und sie hilft bis heute einer Gruppe von Studierenden aus Myanmar, die nach Deutschland kommen konnten, um an der BTU ihr Architekturstudium fortzusetzen.

Ich denke, dass Frau Rellensmann in ganz besonderer Weise dem Stiftungsgedanken entspricht und freue mich, dass sie in diesem Jahr mit dem Max-Grünebaum Preis ausgezeichnet wird.

Herzlichen Glückwunsch!

Laudatio von Prof. Dr. p.h.habil. Gesine Grande, Präsidentin der BTU Cottbus-Senftenberg

 


Thi My Linh Nguyen

Ernst-Frank-Förderpreisträgerin 2022

Thi My Linh Nguyen | Foto (c) privat

Thi My Linh Nguyen | Foto (c) privat

Sehr verehrte Gäste,

seit dem Jahre 2000 wird der Ernst-Frank-Förderpreis im Herbst eines Jahres an Nachwuchswissenschaftler bzw. Nachwuchswissenschaftlerinnen der BTU Cottbus-Senftenberg verliehen. Dieser Förderpreis unterstützt Studierende, die einen Arbeitsaufenthalt in Großbritannien planen, mit einem Stipendium.

Großbritannien, das ist immer eine Reise wert, sei es als Arbeits- oder Studienaufenthalt oder einfach, um auch mal Urlaub zu machen. Bei Großbritannien denken viele sicherlich derzeit zuerst an den Brexit. Lassen Sie mich mit dem beginnen, was einem Ökonomen zumeist zuallererst einfällt, wenn man an Großbritannien denkt. Großbritannien ist das Land, in dem nicht nur die Wiege der klassischen Ökonomie stand, sondern in dem gewissermaßen auch die Marktwirtschaft als moderne Wirtschaftsordnung der Neuzeit erfunden wurde. Es war der schottische Moralphilosoph Adam Smith, der im Jahre 1776 mit seiner Veröffentlichung „An Inquiry into the Nature and Causes oft the Wealth of Nations“ aufzeigte, dass ein eigennutzgetriebenes Handeln über eine unsichtbare Hand des Wettbewerbs auch das wirtschaftliche Gesamtwohl einer Gesellschaft fördert. Die Soziale Marktwirtschaft als unsere Wirtschaftsordnung fußt auf diesen Überlegungen. Und das doch sehr erfolgreich. Es gibt zweifelsfrei viele gute Gründe für einen längeren Aufenthalt in Großbritannien, und die kann ich hier gar nicht alle aufzählen.

Ich möchte mich kurz vorstellen: Mein Name ist Kay Hempel und ich lehre Betriebswirtschaftslehre an der BTU. Das ist aber nicht der Grund, weshalb ich heute hier diese Lobrede halte, denn die diesjährige Preisträgerin des Ernst-Frank-Förderpreises kommt nicht aus dem BWL-Studiengang, aber sie musste dennoch mehrere wirtschaftswissenschaftliche Pflichtmodule im Rahmen ihres Studiums absolvieren. Sie hat Wirtschaftsingenieurwesen studiert, und ist – wie Professor Hartmann es in einer Empfehlung formuliert hat – eine gleichermaßen begabte wie engagierte Studentin aus diesem Studiengang. Professor Hart- mann ist bei uns an der BTU insbesondere für Module der Mathematik und der Stochastik verantwortlich und Mathe gehört erfahrungsgemäß – das wird Sie nicht überraschen – nicht immer zu den beliebtesten Modulen im Studium. Die diesjährige Preisträgerin ist – ich zitiere weiter – die mit Abstand beste Studierende in diesen Fächern der letzten drei Jahrgänge. Sie ist durch aktive Mitarbeit auf hohem Niveau aufgefallen und hat in der Folgezeit auch einen bemerkenswerten Einsatz bei der Organisation und den übernommenen Tutorien im Fach Mathematik gezeigt.

Mit dieser Empfehlung fiel es der u.a. für ein Votum zur Vergabe des Ernst Frank-Förderpreises an der BTU zuständigen Senatskommission, der ich derzeit vorsitze, im Frühjahr dieses Jahres sehr leicht, eine Entscheidung zu fällen. Aber die Gründe für unser Votum sind damit noch nicht erschöpft. Obwohl die diesjährige Preisträgerin noch sehr jung ist, ist der Katalog ihres außeruniversitären Engagements beeindruckend. Ich habe gar nicht so viel Zeit, um das alles näher auszuführen. Deshalb beschränke ich mich auf einige wesentliche Dinge, die das soziale Engagement stellvertretend zum Ausdruck bringen sollen. Da wäre zum Beispiel ihre seit rund acht Jahren wahrgenommene Funktion als Gruppenleitungsmitglied des Jugendrotkreuzes in Berlin-Steglitz. Sie ist also auch ausgebildete Sanitäterin. In den letzten Jahren hat sie überdies die Funktion der stellvertretenden dezentralen Gleichstellungsbeauftragten in ihrer Fakultät ausgeübt.

Bekannter ist sie einigen von Ihnen aber sicherlich durch etwas anderes geworden: Denn sie hat bei einem Imagefilm für die Stadt Cottbus mitgewirkt, der gemeinsam mit dem Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung gedreht wurde. Nein, sie wollte nur mitwirken und Leute suchen, die bei dem Film mitwirken. Es kam dann alles anders und aus der geplanten Mitwirkungsrolle wurde die Hauptrolle: „Mein Cottbus – My Linh zeigt ihre Stadt“ heißt der Film und er kann online jederzeit angeschaut werden. Cottbus braucht junge und engagierte Menschen mit Blick für das kreative und intellektuelle Potenzial der Stadt. Und das ist umso beeindruckender, als dass sie eigentlich aus Berlin stammt und glaubhaft und voller Überzeugung die Stadt Cottbus lobt.

All diese Beispiele für besonderes Engagement lassen sich fortsetzen und sprechen für eine besondere Qualität. Qualität ist übrigens offensichtlich auch so etwas wie ihr Schwerpunkt während des Bachelorstudiums. Jedenfalls hat sie in Modulen wie „Grundlagen der Qualitätslehre“, „Projektmanagement“ und „Statistische Methoden des Qualitätsmanagements“ jeweils mit der Bestnote 1,0 abgeschlossen. Damit überrascht es nicht sonderlich, dass sie im vergangenen Jahr auch noch als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Qualitätsmanagement tätig war. Und ein Optimierungsprojekt nach der Six-Sigma-Methodik im Bereich des Drittmittelreferates der BTU ist auch noch zu erwähnen.

In diesem Jahr hat die diesjährige Preisträgerin des Ernst-Frank-Förderpreises ihre Bachelorarbeit in einem großen deutschen Industriekonzern mit Sitz in Süddeutschland – den sie alle gut kennen – erstellt. Und dort hat sie ein Angebot für die Zukunft bekommen. Sie plant dort auch, berufsbegleitend ihren Master zu machen und im nächsten Jahr für ein Auslandssemester nach England zu gehen. Dafür wird dieses Stipendium eine hervorragende Grundlage bilden. Herzlichen Glückwunsch der diesjährigen Preisträgerin, Frau Thi My Linh Nguyen!

Laudatio von Prof. Dr. rer. pol. Kay Hempel, Fachgebietsleiter ABWL, insbesondere Finanzwirtschaft und Finanzdienstleistungen der BTU Cottbus-Senftenberg


Annalena Hänsel

Karl-Newman-Förderpreisträgerin 2022

Foto (c) Marlies Kross | Annalena Hänsel, Mitarbeiterin PR/Marketing, Schwerpunkt Social Media, am Staatstheater Cottbus.

Foto (c) Marlies Kross | Annalena Hänsel, Mitarbeiterin PR/Marketing, Schwerpunkt Social Media, am Staatstheater Cottbus.

Mitarbeiterin Social Media

Sehr geehrte Stifterfamilie,
sehr geehrter Herr Prof. Stapperfend,
sehr geehrter Herr Gerards,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Karl-Newman-Preisträgerin 2022,

wie oft bekommt man die Möglichkeit oder kommt in den Genuss, öffentlich etwas Lobendes und Auszeichnendes über eine geschätzte Person vor Publikum zu sagen, in der Öffentlichkeit Bewunderung zum Ausdruck zu bringen und diesem Menschen die Anerkennung auszusprechen, die er oder sie verdient? Wie oft würde man sich dafür überhaupt die Zeit nehmen? Seien wir ehrlich: Meistens muss man für eine solche Gelegenheit mindestens heiraten oder gar versterben. Und wie findet man die richtige Form, um diese Person in dem Licht dastehen zu lassen, das ihr gebührt?

Die diesjährige Preisträgerin des Karl Newman-Förderpreises tut dies jeden Tag und meistert diese schwierige Aufgabe mit Bravour:

Aus Texten, Bildern oder Bewegtbildern kreiert sie Inhalte, um das möglichst Beste, Schönste, Anrührendste, Lustigste, Persönlichste, Professionellste oder Außergewöhnlichste über die Künstler und Künstlerinnen unseres Theaters in die Öffentlichkeit zu tragen. Sie stimmt die Inhalte auf die jeweiligen Zielgruppen ab und platziert sie so, dass möglichst viele Menschen und eine sehr breite Öffentlichkeit an diesen Lobeshymnnen teilhaben. Eine möglichst breite, ggf. sogar weltweite Öffentlichkeit meint: Auf den Kanälen von Social Media.

Ich danke der Stifterfamilie für die eine, besondere Gelegenheit nun auch für Sie lobende Worte vor Publikum auszusprechen: Liebe Annalena Hänsel, ich gratuliere Dir von ganzem Herzen zum Erhalt des Karl-Newman-Förderpreises 2022.

Annalena Hänsel wurde in Forst in der Lausitz geboren und studierte nach ihrem Abitur Kulturwissenschaften an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder. Im Zuge dieses Bachelor-Studiums absolvierte sie 2018 ein dreimonatiges Praktikum in der Abteilung Kommunikation und Marketing am Staatstheater Cottbus. Obwohl sie in diesem kurzen Zeitraum hauptsächlich zur Unterstützung der Pressearbeit eingesetzt war, arbeitete sie sich in Eigeninitiative zusätzlich in andere Bereiche der Abteilung ein – vor allem in jene, die die digitalen Medien betrafen. Schnell betreute sie sozusagen in Eigenregie den in der damaligen Zeit noch neuen, wenig ausgereiften und nur sporadisch gepflegten Auftritt des Staatstheaters auf den Plattformen Instagram und Facebook.

Bernd Seidel, der damalige Abteilungsleiter, unterschrieb ihr Praktikumszeugnis mit den Worten: „Eine Mitarbeiterin wie Annalena Hänsel wäre perspektivisch in jeder Beziehung ein Gewinn und eine Bereicherung für unsere Abteilung.“  Herrn Seidel, seiner weitsichtigen Einschätzung der Arbeit und den Fähigkeiten von Annalena Hänsel und der Initiative zu den Veränderungen der Personalstrukturen innerhalb der eigenen Abteilung, sei Dank! Denn das Staatstheater bekam so die Möglichkeit, Annalena Hänsel auch über ihr Praktikum hinaus am Staatstheater Cottbus zu halten. Und so trat sie nach erfolgreich abgeschlossenem Bachelor-Studium, im Februar 2019 ihre Stelle als Mitarbeiterin im Bereich Social Media an – eine Position, die es bis dahin am Cottbuser Theater nicht gegeben hatte! Die damals erst 21-Jährige baute diesen Bereich, der für die Außenkommunikation eines Theaters unverzichtbar ist, in Eigenverantwortung auf und aus und leistete damit Pionierarbeit.

Für Annalena Hänsel reichte das aber noch nicht aus. Sie absolvierte berufsbegleitend ihr Masterstudium in „Kulturmanagement und Kulturtourismus“ in Frankfurt/Oder, welches sie 2021 mit der Note 1,4 erfolgreich abschloss. Das Thema ihrer Masterarbeit wählte sie natürlich mit dem Schwerpunkt Social Media und beschäftigte sich mit „Influencer-Kommunikation“ und der Entwicklung der Kommunikation zwischen Unternehmen und Influencer*innen im Tourismus.

Es ist nahezu eine Kunst, mal eben „was in die Story zu ballern“ – wie ich oft scherzhaft und ziemlich unzeitgemäß zu ihr sage –,  also einen Post in den Social Media Kanälen so zu verfassen und zu setzen, dass es spontan, lässig und unaufwändig erscheint; so wie es eben in jedem schnelllebigen Medium aussehen muss. Aber dies ist alles andere als unaufwändig. Dies vor allem, wenn es nicht, wie so oft auf Social Media, um eine narzisstische Selbstvermarktung, sondern um die von Kunst und Profession völlig unterschiedlicher  Akteurinnen und Akteure geht, die sich bei aller Vielfalt gleichzeitig gemeinsam unter dem Dach eines Mehrspartenhaus vereinen. Annalena Hänsel kann dies so leisten, da sie in allerbestem Sinne die klassischen Kernkompetenzen für PR/Marketing mit einem sicheren Gespür für die Nutzung der neuen Medien zusammenbringt. Sie hat Freude an der Kommunikation, findet den richtigen Ton für verschiedene Zuschauergruppen und setzte ihre Kreativität optimal ein, um Freiräume mit eigenen Ideen zu füllen. Während ihrer Arbeit etablierte sie nicht nur strukturell einen bis dahin hier noch neuen Teilbereich im Marketing, sondern entwickelte in Zusammenarbeit mit ihren Kolleg*innen und den Künstler*innen mit der Unterstützung anderer Gewerke am Haus immer wieder kleine Kampagnen, welche gleichzeitig sowohl auf die einzelnen Produktionen als auch auf die Zielgruppen der unterschiedlichen digitalen Kanäle abgestimmt sind.

Die Relevanz ihrer Arbeit trat vor allem im Zuge der Corona-Pandemie zu Tage. Die Öffentlichkeitsarbeit, darunter natürlich Annalena Hänsel, leistete einiges an Aufwand, Hirnschmalz und Ideen, um mit der damals völlig neuen Situation umzugehen und zu zeigen: „Wir sind noch da! Für Sie, für unser Publikum.“ Die digitale Bühne auf den Social Media Kanälen schien dafür der einzige Weg. Man kann wahrheitsgemäß sagen, dass das Theater und die Kolleginnen und Kollegen damals große Hoffnungen in Annalena Hänsels Arbeit legten. Doch auch diese Aufgabe stemmte sie mit ihrer gewohnt ruhigen, sensiblen und engagierten Art: Als das Theater pandemiebedingt in der Außenwahrnehmung in einen Dornröschenschlaf zu fallen drohte, sorgte sie mit tatkräftiger Unterstützung vieler Kolleginnen und Kollegen dafür, die lebendigen Momente hinter den verschlossenen Theatertüren über digitale Kanäle sichtbar zu machen und den Künstler*innen unseres Hauses eine Plattform zu bieten. Es entstand „der digitale Spielplan“ unter ihrer maßgeblichen Mitgestaltung.

Annalena Hänsel trug durch ihre Initiative, ihren Ideenreichtum und ihren Tatendrang einen entscheidenden Teil dazu bei, dass in einer Zeit von Unsicherheit sowie Hass und Hetze im Netz eine entscheidende Gegenposition aufgebaut werden konnte, die nicht nur unserem Publikum, sondern auch im wesentlichen Maße unseren eigenen Kolleginnen und Kollegen Hoffnung, Sicherheit und einen Sinn gab: die Sichtbarmachung von Theater, Kunst und Kultur in einer Zeit, in der sie sich nicht live vor einem Publikum auf der Bühne präsentieren konnten.

Auf ihre Initiative hin hat sich das Staatstheater ab der Spielzeit 22.23 ein weiteres digitales Mittel erobert: Einen eigenen Audio-Podcast: „Momentaufnahme – der Podcast des Staatstheater Cottbus“, der inzwischen drei, bald vier Folgen hat.

Auch wenn Annalena Hänsel heute für ihr Engagement und ihre herausragende Arbeit im Bereich Social Media ausgezeichnet wird, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass dieser Bereich nicht ihre einzige Zuständigkeit ist. Beispielsweise haben sich sicherlich die wenigsten von Ihnen heute gefragt, wer dafür verantwortlich ist, dass Sie anlässlich der heutigen Veranstaltung eine Einladung mit oder ohne Rückmeldung bekommen habe, wer diese Rückmeldung ausgewertet und Sie daraufhin am sinnvollsten und sozial am verträglichsten platziert hat. Auch das war Annalena.

 

Annalena Hänsel ist dem Staatstheater Cottbus mit großer Leidenschaft verbunden. So erledigt sie auch ihre Arbeit. Sie ist beliebt und hoch geschätzt im Team, sie ist immer hilfsbereit. Nicht zuletzt ihr offenes und dennoch bescheidenes Wesen trägt dazu bei, dass sie an diesem Haus in den vergangenen Jahren nicht nur tolle Kolleginnen und Kollegen in den unterschiedlichsten Bereichen, sondern auch gute Freunde gefunden hat.

 

In einem Gespräch unter Kolleginnen anlässlich der Schauspielproduktion „Raumfahrer” zum Thema “Nachwendegeneration” und Unterschieden zwischen Ost und West, sagte Annalena mir kürzlich, dass sie sich nicht als Ostdeutsche definieren würde. Vielleicht sei sie dafür einfach zu jung. Wenn man sie fragen würde, woher sie käme, würde sie immer ganz klar sagen, dass sie „Lausitzerin” sei. Es ist wunderbar und wichtig, dass die Region Lausitz Menschen und Mitarbeiterinnen wie Annalena Hänsel hat und hält: jung, weltoffen, kreativ, hochqualifiziert, voller Motivation und Tatendrang. Die sich dennoch oder gerade deswegen für ein Leben und eine Karriere in der Region abseits der Metropolstädten entscheiden, um sie maßgeblich mitzubestimmen und zu gestalten. Ein solche Person ist gerade prädestiniert für die Auszeichnung in Form eines Preises, der von der Max Grünebaum-Stiftung an visionäre und hochqualifizierte Kreative in Cottbus verliehen wird.

Nicht nur für die Lausitz, für die Brandenburgische Kulturstiftung und das Staatstheater Cottbus, sondern auch für mich und unser Team bist du, liebe Annalena, eine große Bereicherung. Die Auszeichnung, die dir mit der Verleihung des Karl-Newman-Förderpreises der Max Grünebaum-Stiftung zuteil wird, ist im höchsten Maße verdient.

Herzlichen Dank, sehr geehrte Stifterfamilie, herzlichen Dank, liebe Annalena!

Laudatio von Wiebke Rüter, Leiterin Kommunikation & Marketing
Gehalten von Iris Dönicke, Kaufmännische Geschäftsführerin und Vorstandsvorsitzende der Brandenburgischen Kulturstiftung Cottbus-Frankfurt (Oder)