Preisträger 2009
Die Max Grünebaum-Stiftung würdigte am Sonntag, 4. Oktober 2009, in Cottbus junge Künstler des Staatstheaters Cottbus und Nachwuchswissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) mit jeweils zwei Max Grünebaum-Preisen und je einem Förderpreis.
Die Max Grünebaum-Preisträger des Staatstheaters Cottbus sind der Tenor Matthias Bleidorn und der Schauspieler Oliver Seidel. Den Karl Newman-Förderpreis, eine Studienreise nach London, erhielt die Chefbühnenmanagerin und Choreografin Dr. AnnaLisa Canton.
Die Max Grünebaum-Stiftung verlieh der BTU drei Auszeichnungen: Der Max Grünebaum-Preis ging an Dr. Martin Fahr und ein zweiter Max Grünebaum-Preis an Dr.-Ing. Thomas Klauke. Der Ernst Frank-Förderpreis, der ein Stipendium für einen England-Aufenthalt beinhaltet, wurde an die Master-Studentin Christine Knoop übergeben.
Der Max Grünebaum-Preis, der in diesem Jahr zum 13. Male vergeben wurde, ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert.
Die Preise wurden im Rahmen eines Festaktes verliehen – wieder in Anwesenheit von Ursula Hulme, in England lebende Mitstifterin und Enkelin von Max Grünebaum, sowie John Gumbel, Urenkel von Max Grünebaum.
Oliver Seidel
Max-Grünebaum-Preis
Seit zwei Jahren ist Oliver Seidel als Schauspieler am Staatstheater Cottbus engagiert.
In verschiedensten Arbeitsprozessen bewies er sich als ein sehr disziplinierter und äußerst kreativer junger Schauspieler. Er beherrscht sein schauspielerisches Handwerk hervorragend und ist zugleich ein ewig Suchender, der sich immer wieder in Frage stellt und sich nicht mit dem Erreichten zufrieden gibt.
In den letzten zwei Spielzeiten glänzte er in vielfältigen großen Rollen mit schauspielerischen Höchstleistungen. Er spielte unter anderem einen schüchtern-verliebten und letztlich auf den eigenen Vorteil bedachten Schürzinger in Horvaths „Kasimir und Karoline“, er verlieh dem anfangs frisch und offen daherkommenden Sergeant Trotter in der „Mausefalle“ am Ende mit feinen schauspielerischen Mitteln den Hauch eines Psychopathen. Er spielte den Karl Moor in Schillers „Räuber“ mit großer gedanklicher Klarheit und emotionaler Tiefe und machte zwischen Melancholie und Leidenschaft die schmerzhaften Abgründe dieser Figur sichtbar. Sein Robespierre in „Danton # Büchner“ gewann als schneidiger Politiker in großer Polit-Show die Sympathien des „Volkes“ für sich, um schon bald danach mit Schrecken seiner blutigen Verantwortung gegenüber zu stehen. Seine Darstellung des Schülers Monster in „Lehrer sollen nackt nicht tanzen“ faszinierte durch enormes körperliches Gestaltungsvermögen. Mittels Bewegung und Sprache stellt Oliver Seidel einen dicken Menschen dar, den es hin und her wirft zwischen hilfloser Sehnsucht nach Liebe und demonstrativ ausgestellter pubertärer Coolness. Es gelingt ihm hier, sich als der „hässliche Monster“ in die Herzen des jugendlichen Publikums zu spielen und dessen Sympathien und Mitgefühl zu gewinnen.
Das ist eine höchst vergnügliche und berührende Sternstunde der Schauspielkunst.
Oliver Seidels große musikalische Begabung zeigt sich einmal mehr darin, dass er für diese Inszenierung innerhalb von sechs Wochen Saxophon spielen lernte und dies souverän und virtuos in das szenische Spiel einbringen konnte.
Auch im medialen Bereich unterstützt Oliver Seidel das Theater: Er schuf vier kleine faszinierende Filme (Regie, Dreh, Schnitt, Ton), die im Internet veröffentlicht wurden. Er geht dabei medial neue Wege, z. B. drehte er für die neue Reihe „Die Jungen Wilden. Klassiker auf den Kopf gehauen!“ Videofilme und übernahm dabei auch den gesamten Schnitt.
Oliver ist ein wichtiger Teil des neuen Schauspielensembles. Sein Spiel ist direkt, glaubwürdig, sehr vielseitig und überrascht immer wieder durch neue Facetten. Als neugieriger, sensibler und sehr kollegialer Schauspieler schont Oliver Seidel sich und seine Partner nicht. Seine Figuren implizieren oft eine große Komik, verbunden mit viel Poesie. Spiellust und Kreativität sind es, die ihn auf den Proben mit einer Leichtigkeit losspielen lassen und die bereits in den ersten Entwürfen ermöglichen, die widersprüchlichen Seiten einer Figur – ihre tragischen und komischen, ihre zarten und kraftvollen Seiten – zu erahnen.
Es ist eine große Freude, Oliver Seidel in der Probenarbeit und auf der Bühne zu erleben.
Mario Holetzeck, Schauspieldirektor des Staatstheater Cottbus
Matthias Bleidorn
Max-Grünebaum-Stiftung
Einer der diesjährigen Preisträger des Max Grünebaum-Preises 2009 vom Staatstheater Cottbus ist Mitglied des Solistenensembles der Sparte Oper. Seit 1991 prägte er maßgeblich – mit einer kurzen Unterbrechung des Engagements als freiberuflicher Sänger, unterwegs in Japan, Italien, Schweden, Norwegen – das hohe sängerische Niveau des Staatstheaters Cottbus. Sein Rollendebüt 2008 als Herodes in der Oper SALOME markierte einen Höhepunkt seiner sängerischen Laufbahn. Spätestens jetzt werden viele erahnen:
Die Rede ist von und über Matthias Bleidorn. Seine Tenorkarriere begann 1963 mit der erfolgreichen Geburt als Jüngster von 6 Kindern in Ueckermünde. Sie wurde im Alter von anderthalb Jahren – als andere Kinder mit dem Sprechen begannen – konsequent fortgesetzt, indem er, statt zu sprechen, sich ausschließlich singend äußerte. Die besorgte Mutter signalisierte bei der Mütterberatung eventuellen Handlungsbedarf und animierte dort das Kind, die ungewohnte Verständigungsart vorzuführen, worauf der zukünftige Sänger die Ärztin mit dem Vorsingen des damals aktuellen Schlagers „Mit 17 hat man noch Träume“ prompt vom Gegenteil überzeugte. So konnte sich im ganzen Dorf Hoppenwalde kein anderes Kind äußern und konsequenterweise bekam er mit 7 Jahren seinen ersten Gesangsunterricht, bestand 1979 seine Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin und errang beim zentralen Treffen junger Talente in Cottbus (man merke auf!) eine Goldmedaille.
1980 begann das Studium bei Professor Gerhard Eisenmann in Berlin.
Von welchen äußeren Einflüssen das Funktionieren einer Sängerstimme abhängig ist, schildert ein kurzer Eigenbericht des Sängers:
„Jedoch hätte eine mehrere Monate andauernde Heiserkeit fast das Ende vom Traum bedeutet, Sänger zu werden. Zum Schluss setzte der führende Phoniater der Berliner Charité, Prof. Dr. Seidner, mir ein zweiwöchiges Ultimatum: Wenn die Erkältung dann nicht weg wäre, würde er mir die Tauglichkeit zum Gesangstudium aberkennen müssen. Da brach für mich alles zusammen. Er wollte mich trösten und sagte, es gäbe doch noch so viele schöne andere Berufe. Das war zuviel für mich! Etwas anderes als Sänger zu werden, war für mich ausgeschlossen. In den nächsten Tagen übte ich, trotz der Heiserkeit so viel wie bis dahin noch nie. Und siehe da: Das kleine Wunder geschah! Nach zwei Wochen war die Erkältung weg! Seitdem weiß ich, dass Singen auch für den Sänger selbst manchmal eine heilsame Wirkung haben kann. Ich musste mich, in sauberer, frischer Luft aufgewachsen, erst an den Smog in Berlin gewöhnen. Das war wahrscheinlich der wahre Grund für die Heiserkeit.“
Nun nahm das Studium einen glücklichen Verlauf, die Übergangsprüfung zum Solisten wurde gemeistert und eines Tages saß ohne sein Wissen der Intendant der Berliner Staatsoper, Günter Rimkus, im Unterricht. Sein Korrepetitionslehrer Werner Schieke, Solorepetitor an der Staatsoper, hatte ihn heimlich eingeladen. Der Schreck war groß, wandelte sich aber nach dem Unterricht in Freude um, denn Matthias Bleidorn wurde zu einem Vorsingen für das gerade gegründete Nachwuchsstudio eingeladen. So wurde seine erste künstlerische Theaterheimat für 3 Jahre die berühmte Berliner Staatsoper, wo er an der Seite der besten Sängerinnen und Sänger auftreten, arbeiten und lernen durfte. Er lernte nicht nur erstklassig zu singen, sondern auch den Theateralltag in all seinen Facetten kennen: Auch dazu gehört, dass man mitunter von den älteren Kollegen gelegentlich „auf die Schippe“ genommen wird. So wollten ihm einige „gestandene“ Kollegen einmal Angst einjagen. Sie wussten, dass Matthias Bleidorn zur Weihnachtszeit ein gefragter Tenorsolist im Weihnachtsoratorium von J. S. Bach war. Sie sagten in der Kantine zu ihm:
„Dieses Jahr kannst du deine Weihnachtsoratorien vergessen, da du ständig erkältet sein wirst.“ Auf seine Nachfrage, warum er erkältet sein sollte, sagten sie „Im Dezember finden doch die szenischen Proben zu ‚Moses und Aron’ von Arnold Schönberg statt und du bist als ‚Nackter Jüngling’ besetzt.“
Er hatte aber Glück und war in der Berghaus-Inszenierung dann doch in der Rolle des „Nackten Jünglings“ bekleidet.
In dieser Zeit gewann Matthias Bleidorn auf kuriose Weise 3 Internationale Preise:
- 1987 den Dvořak-Wettbewerb in Karlovy Vary 2. Preis bei Nichtvergabe des ersten
- 1988 den Bach-Wettbewerb in Leipzig 2. Preis bei Nichtvergabe des ersten
- 1989 den Gesangswettbewerb in s’-Hertogenbosch (Niederlande) 2. Preis bei Nichtvergabe des ersten
Im Dezember 1990, mitten in der Wendezeit, klingelte ich bei Matthias Bleidorn an der Wohnungstür im Prenzlauer Berg und fragte ihn als designierter Operndirektor des Staatstheaters Cottbus, ob er sich vorstellen könne, nach Cottbus als Mozart-Tenor zu wechseln. Das konnte er sich, nach ausführlichem Gespräch, und so begannen wir 1991 (fast) gemeinsam unser Engagement – er ab Januar 1991, ich ab August 1991. Seither ist sein verlässliches Auftreten, Musizieren und Spielen ein Markenzeichen und ich schätze sein diszipliniertes, kollegiales und professionelles Verhalten.
In Erinnerung rufen möchte ich Don Ottavio in DON GIOVANNI, Fernando in COSI FAN TUTTE, Spalanzani in HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN, Stewa in JENUFA, Tamino in 2 ZAUBERFLÖTEN (1994 und 2004) und natürlich der Orpheus in der Pariser Fassung von ORPHEUS UND EURYDIKE von Gluck. Belmonte, Walter von der Vogelweide, Quasimodo in der Uraufführung zum 90. Geburtstag unseres Theaters, Fürst Schujski, Caramello, Hans und Rosillon, Marquis von Chateauneuf und der schon eingangs erwähnte Herodes. Im Laufe der Zeit sind es über 50 Partien in Oper, Operetten und Musicals – darunter den Tamino 80 Mal in vier verschiedenen Inszenierungen – die Matthias Bleidorn alle ausgezeichnet bewältigt hat. Sehr geschätzt ist seine Mitwirkung in Konzerten. Er ist ein szenisch mitdenkender Sänger, für den die inhaltliche Dimension einer Figur zu erspüren selbstverständliches „Brot“ ist.
Das macht ihn so wertvoll für die Cottbuser Theaterarbeit und ich gratuliere Matthias Bleidorn zur Verleihung des Max-Grünebaum-Preises 2009.
Martin Schüler, Intendant und Operndirektor des Staatstheater Cottbus
Dr. AnnaLisa Canton
Karl-Newman-Förderpreis
„Die Vergangenheit achten, der Gegenwart Glanz verleihen, für die Zukunft schaffen.“
Karl M. Newman
…war prägendes Motto des unvergessenen Karl Newman – Enkel von Max Grünebaum und Bruder unserer lieben, verehrten Ursula Hulme. Alljährlich wird neben den Max-Grünebaum-Preisen auch ein Preis im Gedenken an Karl Newman vergeben: Der Karl-Newman-Förderpreis. Wer also ist getreu dem Motto würdig, diesen Preis 2009 in Empfang zu nehmen: Wer verleiht der Gegenwart Glanz und schafft für die Zukunft?
„Von der Ballerina zur Iron Lady“ lautete die Überschrift eines Zeitungsartikels am 21.12.2007, geschrieben von Uwe Riebow, über die vom Staatstheater vorgeschlagene und vom Kuratorium einstimmig gewählte Kandidatin für den Preis 2009. Gemeint ist Frau Dr. AnnaLisa Canton – Chefbühnenmanagerin und Choreografin am Staatstheater Cottbus.
AnnaLisa Canton gehört zu den viel beschäftigsten, fleißigsten und einsatzwilligsten Mitarbeitern des Theaters, ob vor, auf oder hinter der Bühne. Als Chefbühnenmanager koordiniert sie das so genannte „Bodenpersonal“, bestehend aus den Inspizienten, Souffleusen und Regieassistenten, all jenen wichtigen Organisatoren hinter der Bühne, ohne die keine Vorstellung ablaufen würde.
Aber sie ist eigentlich überall aktiv: ob selbst als Regieassistentin, als Choreografin, Darstellerin, Bewegungstraining-Leiterin, Tänzerin oder Stimmen-Double, wenn mal ein Sänger erkrankt ist. Sie bringt es sogar fertig, zwei bis drei erkrankte oder abwesende Sänger fast gleichzeitig auf der Probe zu ersetzen. Eine Bemerkung wie: “Geht nicht!“ habe ich von ihr bisher nie gehört.
Aber woher stammt diese grazile, scheinbar nimmermüde Frau, die in der Lage ist, so viel zu bewegen?
Geboren wurde AnnaLisa Canton 1966 in Mailand. Der Vater arbeitete als Verlagsmanager, die Mutter kümmerte sich um die Familie. Bruder und Schwester traten in die Fußstapfen des Vaters, nur AnnaLisa ging einen anderen Weg. Nach dem Abitur am Gymnasium für Fremdsprachen absolvierte sie an der Mailänder Universität ein Studium für Literatur und Kunstgeschichte. Dann führte sie – relativ spät – der Weg zum Tanz. An der „Scuola Professionale Italiana Danza“ absolvierte sie eine Ballettausbildung und kam 1991 an das Staatstheater Cottbus. Hier tanzte sie viele Rollen: unter anderem in „Max und Moritz“, „Romeo und Julia“, „Oberons Nacht“ und „Pinocchio“ oder den „4 Jahreszeiten“.
Nach der Beendigung der aktiven Zeit als Tänzerin bewarb sie sich bei mir als Regieassistentin und zeigt sich seither so talentiert und zuverlässig, dass ich sie 2007 zur Chefbühnenmanagerin berufen konnte.
Eines Tages kam sie zu mir und sagte: „Herr Schüler, ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich mein Fernstudium der Kunstwissenschaften in Dresden mit der Promotion zum Dr. phil. bestanden habe.“ Ich habe es weder gewusst, noch bemerkt, dass sie ganz nebenbei, eben mal so, einen Doktor macht. So ist sie!
Geräuschlos, fleißig, loyal und darüber hinaus stets aktiv im sportlichen Bereich – außerdienstlich: selbstverständlich!
Geht es zum Abstecher nach Frankfurt/O. kann es passieren, dass im Bus ein Platz frei bleibt, denn Frau Dr. zieht es vor, auf dem Fahrrad zum Gastierort mal lockere 80 km zu fahren.
Ihren ersten Kontakt zum Laufsport hatte sie kurioserweise auf der Autobahn bei Plauen. Dort war AnnaLisa mit Freunden im Auto unterwegs zu einer Theatervorstellung. Sie gerieten 2 Stunden vor Vorstellungsbeginn in einen Stau. Ohne großes Zögern machte sie sich querfeldein auf die 15 km lange Strecke, war pünktlich da und konnte gut aufgewärmt tanzen.
Seither trainiert sie, wann immer es ihre Zeit erlaubt und hat 12 Marathonläufe unter anderem in Berlin, Dresden, Leipzig, Mailland und Burg absolviert, den Swiss Alpine Ultramarathon – einen Lauf über 78,5 km und 2320 Höhenmeter in Davos – und belegte einen 39. Platz beim Ironman Germany in Frankfurt/M. in ihrer Altersgruppe, im Triathlon einen 2. Platz bei der Landesmeisterschaft Langdistanz, einen 2. Platz bei der Landesmeisterschaft 2009 im Duathlon und nahm teil am Finnischen Ironman Germany 2009.
Gemeinsam mit ihrem Freund bestritt sie einen 100 km Lauf rund um die Schneekoppe im Riesengebirge als Vorbereitung und Qualifikation für einen 160 km Lauf über den Mont Blanc. Kurz gesagt: Sie ist fit.
Logisch, dass sie zu ihrer Choreografie des „Holzschuhtanzes“ in Lortzings Komischer Oper „Zar und Zimmermann“ im Theater am Bonnaskenplatz einiges vom Opern- und Extrachor abverlangte und dieser Tanz eindrücklich in Erinnerung ist.
4 Regiearbeiten: „Der Riese Finn und der kleine Elefant“, „Falstaff“ am Theater Brandenburg 2007 und „Opernchöre a la carte“ am Staatstheater Cottbus runden die Vita unserer tollen AnnaLisa ab.
Ich denke, dass sie eine verdiente Preisträgerin des Karl-Newman-Förderpreises ist und beende meine Laudatio mit einem kraftvollen „Kunst und Sport frei!“.
Martin Schüler, Intendant und Operndirektor des Staatstheater Cottbus
Dr. Martin Fahr
Max-Grünebaum-Preis
Der zweite Preis der Max-Grünebaum-Stiftung geht an Herrn Dr. Martin Fahr. Herr Dr. Fahr wurde 1978 in Spremberg geborenen und studierte von 1999 bis 2004 Physik an der BTU Cottbus. Auch er schloss seine Diplomarbeit mit „sehr gut“ ab, seine Dissertation über „Parasitäre Wärmeflüsse und Verunreinigungen in Reinstmetall-Fixpunktzellen der Inter-nationalen Temperaturskala“ an der BTU schloss er mit dem Gesamtprädikat „mit Auszeichnung“ ab.
Herr Dr. Fahr hat auf dem Gebiet der Experimentellen Physik eine wegweisende Arbeit geschrieben. In seiner Dissertation aus dem Bereich der Grundlagenforschung geht es um scheinbar simple Fragen wie „Heiss“ oder „kalt“ oder anders gesagt: Wie wird sicher gestellt, dass die Temperatur, die mit einem Thermometer gemessen wird, auch die richtige Temperatur anzeigt? Um diese Unsicherheit auszuschließen werden Messgeräte wie z.B. ein Thermometer geeicht. Das heißt, seine Anzeige wird – vor der Auslieferung – bei festgelegten Temperaturen verglichen mit einem Standard. Doch auch dieser Standard muss geprüft worden sein. Also wird auch dieser geeicht, mit festen Temperaturen verglichen, so genannten Fixpunkten.
Bei sehr hohen beziehungsweise sehr niedrigen Temperaturen gibt es derartige Fixpunkte zum Beispiel durch die Schmelzpunkte reiner Metalle. Aber wie genau sind diese reproduzierbar? Welche Rolle spielt hier die Reinheit? Kann man den Thermometer-Herstellern zuverlässige Fix-punkt-Quellen zur Verfügung stellen?
Alle diese Fragestellungen hat Herr Dr. Fahr in seiner faszinierenden Dissertation untersucht. Dabei hat er wesentliche Beiträge geliefert und Lösungswege erarbeitet, die die Präzision und Zuverlässigkeit von Temperaturmessungen in einem großen Bereich wesentlich verbessern und gleichzeitig vereinfachen.
Herr Dr. Fahr hat seine Arbeiten in enger Zusammenarbeit zwischen der BTU und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Berlin durchgeführt und setzt seit etwa einem Jahr seine erfolgreichen Arbeiten auf dem Gebiet der Standard-Größen und der Präzisionsmessungen am kanadischen Bureau of Standards fort.
Prof. Dr. Walther Zimmerli, Präsident der BTU Cottbus
Dr.-Ing. Thomas Klauke
Max-Grünebaum-Preis
Die Verleihung der Max-Grünebaum-Preise sowie des Ernst-Frank-Förderpreises stellt für die BTU jedes Jahr ein ganz besonderes Highlight dar. In diesem Jahr aber kann sich unsere Universität ganz besonders freuen, denn die Preise für die BTU werden in diesem Jahr zum 10. Mal an unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben. Dafür, dass wir dieses Jubiläum heute feiern dürfen, möchte ich an dieser Stelle meinen ganz besonderen Dank an die Stifter und die Mitglieder des Vorstandes und des Kuratoriums der Max-Grünebaum-Stiftung aussprechen.
Der Dank gilt auch an das Staatstheater, in dessen feierlichen Räumlichkeiten die Verleihung den würden Rahmen erhält, der ihr ohne Zweifel zusteht.
Auch in diesem Jahr stand die Jury wieder vor der schwierigen Aufgabe, aus den zahlreichen vorgeschlagenen Bewerbern die besten auszuwählen. Auf zwei besonders herausragende Wissenschaftler hat man sich dann aber geeinigt.
Der erste von ihnen ist Herr Dr.-Ing. Thomas Klauke. Herr Dr. Klauke wurde 1977 in Lübbenau geboren und studierte von 1997 bis 2003 Maschinenbau an der Universität Cottbus. Schon seine Diplomarbeit schloss er mit „sehr gut“ ab, seine Dissertation mit dem Titel „Schaufelschwingungen realer integraler Verdichterräder im Hinblick auf Verstimmung und Lokalisierung“ wurde 2008 als beste der BTU gewürdigt. Seine Forschungsarbeit an hocheffizienten in der Luftfahrt eingesetzten Verdichtern haben die Wissenschaft wieder ein Stück weiter gebracht. Denn ähnlich wie in der Automobilbranche wird an der Reduzierung des Verbrauchs, des Stickoxidausstoßes sowie an der Verringerung der Lärmbelästigung geforscht. In der Luftfahrt werden zudem hohe Ansprüche an die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit von Flugzeugen und Triebwerken gestellt. Deshalb werden im Triebwerksbau alle Anstrengungen unternommen, die Kernkomponenten des hochkomplexen Antriebsaggregates zu verbessern. Genau dies hat die Arbeit von Herrn Klauke geleistet.
Aerodynamisch hoch effiziente Verdichter sind aufgrund der hohen Schaufelspitzengeschwindigkeiten höchsten Belastungen ausgesetzt. Aus Gewichtsgründen werden daher heute in zunehmendem Maße Rotoren eingesetzt, bei denen Schaufeln und Scheibe aus einem Stück gefertigt werden. Diese werden auch als Blisk = bladed disk bezeichnet und sorgen dafür, dass das so genannte Kerntriebwerk ausreichend mit verdichteter Luft versorgt wird. Solche hochkomplexen Bauteile stellen besondere Anforderungen an die Sicherheit und erfordern ein tiefgreifendes Verständnis der Strukturdynamik des Rotors.
Herr Dr. Klauke hat sich in seiner Dissertation dieser Problemstellung äußerst ausführlich angenommen und dabei neben grundlegenden Untersuchungen auch umfangreiche Parameterstudien an realen und damit sehr komplexen BLISK-Konstruktionen durchgeführt. Er verknüpfte experimentelle Ergebnisse mit systematischen Analysen der Simulation. Damit konnte er eine Klassifizierung erzielen sowie neuartige Bewertungskriterien. All dies zeugt von einer großen Bandbreite und einem ausgezeichneten Ingenieurverständnis.
Herr Dr. Klauke hat mit seiner Forschung einen wertvollen Beitrag für sicheren Betrieb, hohe Lebensdauer und damit Ressourcenschonung geleistet. Seine Ergebnisse hat er auf mehreren nationalen und internationalen Tagungen vorgestellt und in begutachteten Beiträgen in renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht.
Erfreulicherweise bleibt Herr Dr. Klauke der BTU Cottbus als „Postdoc“ noch eine Weile erhalten. Er bearbeitet am Lehrstuhl Strukturmechanik und Fahrzeugschwingungen innerhalb des University Technology Centre’s ein weiteres, von Rolls-Royce Deutschland initiiertes Drittmittelfor-schungsprojekt.
Prof. Dr. Walther Zimmerli, Präsident der BTU Cottbus
Christine Knoop
Ernst-Frank-Förderpreis
Der Ernst-Frank-Förderpreis wird – wie der Max-Grünebaum-Preis – seit dem Jahr 2000, also heute bereits zum 10. Mal verliehen.
Im Namen der Hochschulleitung bedanke ich mich bei der Max-Grünebaum-Stiftung ganz herzlich, dass wir dieses kleine Jubiläum heute gemeinsam feiern dürfen. Wie auch in den vergangenen Jahren zählt diese Veranstaltung zu den feierlichen Höhepunkten im Veranstaltungskalender der BTU Cottbus, der ohne die Mitgestaltung der Mitarbeiter des Staatstheaters in dieser wunderschönen Form nicht möglich wäre. Darum auch an dieser Stelle Ihnen allen aus diesem Hause einen besonderen Dank!
In diesem Jahr hatte unsere Jury mal wieder die Qual der Wahl unter den vorgeschlagenen Bewerbern. Dies belegt, dass das Reservoir preiswürdiger Kandidaten bei uns an der BTU noch lange nicht erschöpft ist. Wir sind jedes Jahr auf’s neue von unseren Studierenden beeindruckt, die sich durch ihr Engagement und ihre herausragenden Leistungen bestens für diesen Preis empfehlen.
Dass die Auszeichnung in diesem Jahr Frau Christine Knoop zuteil wird, verwundert indes nicht. Lassen Sie mich Ihnen diese zielstrebige junge Wissenschaftlerin näher vorstellen:
Frau Knoop wurde – ich denke, ich darf das an dieser Stelle wenige gentleman-like sagen – am 9. März 1985 in Petershagen geboren. Nach dem Abschluss des Abiturs am Theodor-Fontane-Gymnasium in Strausberg absolvierte Sie ein Bachelorstudium „International Forest Ecosystem Management“ an der Fachhochschule Eberswalde und entschied sich 2008 für eine Weiterqualifizierung im ebenfalls englischsprachigen Masterstudiengang „Environmental and Resource Management“ an der BTU Cottbus.
Frau Knoops Interessen und Engagement sind vielfältig und interessant.
Als aktives Mitglied der Showtanzgruppe Strausberg e.V. bestreitet sie zahlreiche Auftritte bei Feierlichkeiten in der Region, nimmt aber auch an Tanzfesten und Tanzwettbewerben teil. In der Hauptsaison (Sommer) ist sie viele Wochenenden unterwegs; dazu kommt regelmäßiges Training.
Seit 18 Jahren singt sie in verschiedenen Chören, zuletzt im Kammerchor der Musikschule Spandau mit Auftritten im Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin und im Gotischen Saal der Zitadelle Spandau.
Ebenso engagiert wie in ihrer Freizeit zeigt sich Frau Knoop im Studium. Der Dekan ihrer Fakultät bescheinigt ihr, dass sie über eine solide und breite Basis an Fachwissen verfügt, stets in der Lage ist, Gelerntes leicht in die Praxis umzusetzen und komplexe Themen zu reflektieren. Frau Knoop gehört Dank ihrer überwiegend sehr guten Ergebnisse zu den besten Studierenden ihres Jahrgangs.
Frau Knoops Herz schlägt seit ihrer Kindheit für die Natur und die Umwelt. Sie zeigt großes Interesse am Umweltmanagement, das aufgrund von zunehmenden Umweltproblemen, wie wachsende Weltbevölkerung und somit steigender Bedarf an Ressourcen, einen wichtigen Aspekt für den Alltag von Firmen und Institutionen, aber auch von Privathaushalten darstellt.
Im Rahmen des Kurses Kommunikation und Öffentlichkeit an der BTU hat sie z. B. gemeinsam mit anderen Studenten bei Präsentationen und in Diskussionen an der Ausarbeitung einer Konzeption für eine Umweltuniversität mitgearbeitet. Dabei ging es vor allem um die Idee, die BTU Cottbus mit Hilfe der gegebenen Potentiale der Lehrstühle zu einer umwelttechnisch innovativen und zukunftsweisenden Einrichtung umzustrukturieren. Diese Konzeption soll in das Umweltmanagement der BTU mit einbezogen werden.
Frau Knoops Aussage „In einer profitorientierten Welt muss eine ökologische Nachhaltigkeit auch zur ökonomischen Nachhaltigkeit führen“ unterstreicht ihre Sicht auf die Wichtigkeit und Notwendigkeit von geschultem Personal in diesem Bereich.
Darum sind wir überzeugt, dass ihr Plan, für ein Semester an der Sheffield Hallam University in England zu studieren, eine sehr gute Möglichkeit bietet, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. Die Sheffield Hallam University gehört zu den größten Universitäten Englands und ist mit ihrem einzigartigen Studienangebot bestens geeignet, Frau Knoops Interesse an einer weiteren Spezialisierung im Umweltmanagement und –consulting zu entsprechen.
Da sie bereits erste Praxiserfahrungen in Großbritannien hat, wo sie am Macauly Institute in Aberdeen ein Praktikum als Forschungsassistentin absolvierte, wird sie, da bin ich mir sicher, nicht zuletzt auch Dank ihrer guten englischen Sprachkenntnisse und ihrer sympathischen Persönlichkeit, eine erfolgreiche und schöne Zeit während ihres Auslandssemesters in Sheffield verbringen.
Frau Knoop hat sich sehr gefreut, als sie erfahren hat, dass sie für den diesjährigen Ernst-Frank-Förderpreis ausgewählt wurde und wir freuen uns sehr darüber, dass sie noch einmal den Weg aus England hierher gefunden hat, um diesen Preis persönlich in Empfang zu nehmen.
Wir wünschen uns, dass Frau Knoop Ihr Engagement in dem äußerst wichtigen Bereich der Umweltforschung und -praxis aufrechterhält und, vielleicht beflügelt durch den Förderpreis, weiter ausbaut.
Schließen möchte ich meine Laudatio mit einem Zitat von Alan Kay, dem berühmten Informatiker und Miterfinder des 100 Dollar Laptops. Er hat einmal gesagt: „The best way to predict the future is to build it.“ Frei übersetzt: Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist sie selbst zu gestalten. Ich bin mir sicher, dass unsere heutige Preisträgerin die Zukunft auf ihre eigene Art und Weise mitgestalten wird.
Prof. Dr.-Ing. Christoph Leyens, Vizepräsident der BTU Cottbus
Impressionen von der Preisverleihung 2009